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Mittwoch, den 29. April 2015

Schuldenkrise in Europa

23.05.2012 Wie sicher sind Staatsanleihen noch?





Staatsanleihen wurden vor der Griechenland-Krise vielerorts als sehr stabile Anlage angesehen. Historisch betrachtet ist diese Einschätzung aber nicht richtig. Immerhin sind Staatspleiten weniger selten als viele Menschen glauben und waren in der Vergangenheit immer wieder zu beobachten wie die Beispiele von Argentinien oder auch Russland in den 1990ern Jahren beweisen. Doch erst die Umschuldung Griechenlands hat vielen Anlegern schmerzhaft aufgezeigt, dass Staatsanleihen eben auch keine risikolosen Selbstläufer sind. Trotzdem sollte man die Staatsanleihen als Anlageklasse nicht komplett aus dem Depot verdammen, denn eine gesunde Mischung aus Risiko und attraktiver Verzinsung ist immer noch zu entdecken, wenn man den Blick über Europa hinaus richtet.
Wie ist die Griechenland-Umschuldung abgelaufen?
Auch wenn der Bankrott eines Landes wie zu Beginn erwähnt durchaus kein seltenes Phänomen ist, mit dem südeuropäischen Land hatte es seit dem 2. Weltkrieg erstmals ein westliches Industrieland erwischt. Zudem erschien die Mitgliedschaft in der europäischen Gemeinschaftswährung bei der Anlage in griechische Staatsanleihen als absolut sicheres Kriterium.
Zwar spricht man offiziell von einer Umschuldung, doch in Wahrheit ist es eine Staatspleite gewesen, die auch vom Internationalen Derivateverband ISDA als Insolvenz bezeichnet wird. Die Halter von griechischen Anleihen bekamen für ihre ursprünglichen Anleihen gleich eine Vielzahl von neuen Anleihen, deren Laufzeiten nun bis ins Jahr 2042 reichen. Zudem mussten sie mehr als die Hälfte ihrer nominalen Forderungen abschreiben. Rechnet man die schlechteren Konditionen der neuen Anleihen hinzu, kommt man auf einen Verlust von rund 80 Prozent.
Angesichts dieser Abschreibungen ist auch die Möglichkeit, die Verluste steuerlich abzusetzen, da der Umtausch der griechischen Anleihen als Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang behandelt wird, nur noch ein schwacher Trost.
Was die Umschuldung lehrt
Eine wichtige Erkenntnis aus der Umschuldung der griechischen Staatsanleihen ist, dass Anleger sich darüber im Klaren sein müssen, dass bestimmte Rahmenbedingungen auch im Nachhinein geändert werden können. Denn das Land hat für die Umschuldung nachträglich spezielle Klauseln in die Anleihebedingungen aufgenommen, die einen Umtausch der Papiere erst ermöglichten. Als Anleger konnte man durch diese Änderungen zum Umtausch gezwungen werden.
Natürlich ist ein solcher Vorgang rechtlich mehr als zweifelhaft, weshalb beispielsweise die Schutzvereinigung der Kapitalanleger (SdK) juristische Mittel prüft, doch ein eventueller Rechtsstreit würde Jahre in Anspruch nehmen und da es keine Insolvenzverordnung für Staaten gibt, ist der zu erwartende Ausgang solcher Verfahren auch nicht vorauszusagen.
Anleihen mit Minizinsen oder großem Risiko
Schaut man sich den derzeitigen Markt für Staatsanleihen in Europa an, erkennt man schnell, dass man als Anleger nur zwei Optionen hat. Entweder man greift zu sehr sicheren Anleihen , beispielsweise von Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden, oder man entscheidet sich für sehr risikovolle Papiere, die von Ländern wie Spanien oder Italien stammen.
Deutsche Staatsanleihen mit historisch niedrigen Zinsen
Der Nachteil der ersten Gruppe von Anleihen ist ganz klar in der sehr niedrigen Verzinsung zu sehen. Denn gerade durch die finanziellen Probleme diverser Länder in der Euro-Zone haben Länder wie Deutschland derzeit kein Problem, massenhaft Abnehmer für die eigenen Staatstitel zu finden. So musste beispielsweise der Bund bei der letzten Auktion von deutschen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren lediglich 1,77 Prozent bezahlen.
Stellt dieser Wert schon einen historischen Niedrigrekord dar, wird die Investition bei kürzeren Laufzeiten für deutsche Staatstitel noch uninteressanter. Hierbei wird der Begriff Geldanlage mitunter ins Gegenteil verkehrt, denn Staatsanleihen mit einer Dauer von sechs Monaten erreichten bei der Ausgabe beispielsweise sogar schon Minuszinsen. Dies bedeutet, dass der Staat bei der Verschuldung sogar noch Geld verdient, während Anleger bei solchen Papieren statt einer Rendite einen Abschlag in Kauf nehmen. Man sieht, derzeit sind deutsche Staatstitel wenig zu empfehlen, da die Unsicherheit auf den Märkten die Zinsen sehr stark nach unten drückt.
Lohnen sich risikovolle Staatsanleihen?
So wie die Zinsen bei deutschen oder auch dänischen Staatsanleihen im Keller sind, so hoch sind sie derzeit bei vielen anderen europäischen Staatsanleihen. Beispielsweise erhält man beim Kauf von 10-jährigen Staatsanleihen aus Spanien Zinsen, die sich oberhalb von sechs Prozent pro Jahr bewegen. Ähnliche Renditen sind auch bei Ländern wie Italien oder Portugal zu erzielen, allesamt Staaten, deren Bonität in den letzten Monaten immer weiter nach unten gestuft wurde.
Eine Anlage in Papiere dieser Staaten ist aber ebenso wenig ratsam, wie eine Investition in die sehr gut bewerteten Länder Europas. Denn das Risiko eines Zahlungsausfalls ist sehr hoch, speziell bei den lang laufenden Papieren. Wenn man das Risiko zumindest etwas verringern möchte, sollte man eher zu kurz laufenden Papieren dieser Staaten greifen.
Hierbei lassen sich immer noch höhere Zinsen erzielen, verglichen beispielsweise mit deutschen Staatanleihen und einer Laufzeit von zehn Jahren. Der Renditevorsprung zu den erwähnten deutschen Staatsanleihen liegt zum Beispiel bei 1-jährigen Titeln aus Italien bei rund einem Prozent.
Anleihen aus Schwellenländern – Währungsgewinne als eventueller Bonus
Ein Blick über den europäischen Anleihenmarkt hinaus zeigt aber auf, dass man speziell in vielen Schwellenländern wesentlich interessantere Staatsanleihen entdecken kann. Diese Anleihen weisen mittlerweile vielerorts eine akzeptable Mischung aus Risiko und Zinshöhe auf. Zudem kann man feststellen, dass viele Schwellenländer im Vergleich mit europäischen Ländern weniger stark verschuldet sind.
Neben der oftmals höheren Verzinsung der Anleihen aus Schwellenländern hat man bei solchen Papieren zusätzlich noch die Chance, dass man einen Währungsgewinn erzielen kann, da die jeweilige Fremdwährung im Vergleich zum Euro an Wert gewonnen hat. Natürlich kann aber auch der umgekehrte Fall eintreten, weshalb das Wechselkursrisiko immer beachtet werden muss.
Doch angesichts der wachsenden Wirtschaften in vielen Schwellenländern und dem steigenden Konsum auf den Binnenmärkten der Staaten ist vielerorts eher eine weitere Aufwertung der Landeswährungen zu erwarten. Ein Beispiel für einen Währungsgewinn ist Brasilien, denn in den vergangen fünf Jahren konnte die Landeswährung Real gegenüber dem Euro ein Plus von knapp acht Prozent erzielen.


Zugewinne im Vergleich zum Euro lassen sich aber auch bei weiteren Währungen von Schwellenländern beobachten, beispielsweise beim Chinesischen Renminbi Yuan oder dem Singapur-Dollar. Trotzdem ist der Wechselkurs keine Einbahnstrasse, negative Beispiele wie die Türkische Lira mit Abschlägen zum Euro von rund 27 Prozent in den letzten fünf Jahren sind ebenfalls vorhanden.
Fonds für Anleihen aus Schwellenländern nutzen
Um das Risiko einer Anlage in Staatsanleihen aus Schwellenländern zu minimieren, kann man statt auf einzelne Anleihen auch auf Fonds zurückgreifen, die in unterschiedliche Staatsanleihen investieren. Der Vorteil ist, dass hierbei die Anlagen gestreut werden, wodurch sich ein kleineres Risiko ergibt.
Ein Beispiel für einen solchen Fonds ist der ISI Emerging Market Bonds (WKN: A0B L09), der weltweit in Staatsanleihen aus Schwellenländern investiert und über eine Währungsabsicherung in Form von mindestens 60 Prozent der Anlagegelder gegenüber dem Euro und der Dänischen Krone verfügt. Anlageregionen sind unter anderem Mittel- und Osteuropa, Asien, Lateinamerika und Afrika. Der Herausgeber des Fonds ist die dänische Investmentgesellschaft ISI, die im Jahr 1992 gegründet wurde. Die vier größten Länderpositionen des Fonds, der in der 1-Jahresrückschau ein Kursplus von rund 12 Prozent erzielte, sind derzeit:
1. Russland (9,21 %)
2. Mexiko (7,43 %)
3. Türkei (6,44 %)
4. Venezuela (5,14 %)


Fondsdaten des ISI Emerging Market Bonds:
• Fondswährung: Euro
• Auflagedatum: 2002
• Fondsart: Thesaurierend
• Verwaltungsvergütung: 1,0 %
• Ausgabeaufschlag: bis 3,5 %
• Fondsvolumen: 74 Millionen Euro
Fazit
Mit der Umschuldung von Griechenland haben Anleger nicht nur Geld verloren, sondern auch Vertrauen. Besonders die nachträgliche Änderung der Vertragsbedingungen durch den griechischen Staat, durch die die Umschuldung zwangsweise durchgeführt wurde, ist ein echter Einschnitt in der bis dato als eher sicher angesehenen Anlageklasse gewesen.
Staatsanleihen anderer europäischer Staaten sind zudem aktuell entweder sehr gering verzinst und bieten somit teilweise noch nicht mal einen Inflationsschutz an, oder aber sie bergen ein enormes Risiko für Verluste, wie man sie im Fall Griechenlands erlebt hat. Eine Ausnahme von dieser negativen Einschätzung der Staatsanleihen bilden momentan Titel aus Schwellenländern. Zwar ist auch hier ein Risiko des Zahlungsausfalls immer gegeben, doch die Mischung aus Risiko und Verzinsung ist aktuell wesentlich attraktiver.

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