St. Pauli Anleihe
05.12.2011 Nur was für Fans?
In einer Zeit, in der die Börsen mehr als unsicher erscheinen, ist der Wunsch nach Sicherheit bei Anlegern sehr stark ausgeprägt. Ein Produkt ist hierfür scheinbar wie geschaffen, die neue Anleihe des Fußballvereins FC St. Pauli. Sie besitzt eine Laufzeit von fast sieben Jahren und eine Zinshöhe von sechs Prozent pro Jahr. Die Hanseaten haben damit offenbar einen Nerv der Zeit getroffen. Nur eine Woche nach dem Start der Zeichnungsfrist konnten drei Millionen der angestrebten sechs Millionen Euro bereits eingestrichen werden. Lohnt sich also die Anlage in den Hamburger Kiezclub oder spielt die besonders starke Treue der Fans beim Erfolg der Anleihe eine wichtige Rolle?
Anleihen von Fußballclubs sind nichts Neues
Auch wenn man es von einem Club wie dem FC St. Pauli eher nicht erwartet hätte, auf die Idee, als Fußballverein eine Anleihe zu platzieren, sind in der Vergangenheit schon etliche Vereine aus der ersten und zweiten Bundesliga gekommen. So brachten unter anderem der 1. FC Nürnberg, der FC Schalke 04 oder Hertha BSC erfolgreich solche Produkte heraus, die sich im Aufbau und in der Höhe der Zinszahlungen ähneln.
Wofür wird das Geld verwendet?
Mit den finanziellen Mitteln, die durch die Anleihe eingesammelt werden, sollen selbstverständlich keine neuen Spieler angelockt werden, stattdessen werden die Gelder für drei Bauprojekte verwendet. Zum einen wird damit der Neubau der Gegengerade und der Nordtribüne im Millerntor-Stadion, zum anderen der Ausbau eines Trainingszentrums finanziert. Die Anleihe läuft hierfür bis zum Jahr 2018, der konkrete Rückzahlungstermin ist der 1. Juli 2018.
Wie ist die Anleihe aufgebaut?
Wie bereits erwähnt, beträgt die Verzinsung der FC St. Pauli Anleihe (WKN: A1MA21) sechs Prozent pro Jahr. Wie bei jeder Anleihe handelt es sich um eine festverzinsliche Schuldverschreibung, die von der Millerntorstadion Betriebs-GmbH & Co. KG herausgegeben wird. Der FC St. Pauli selbst fungiert als Garantiegeber für die Zinsen und die Rückzahlung der Gelder. Die Garantie ist vertraglich festgeschrieben. Die Tatsache, dass nicht der FC St. Pauli als Verein die Anleihe herausgibt, hat nach Aussage des Clubs den Hintergrund, dass durch diese Vorgehensweise im Vergleich zu einer Emission der Anleihe durch den Verein ein steuerlicher Vorteil erzielt wird.
Die Zeichnungsfrist für die Anleihe begann am 10. November 2011 und endet voraussichtlich am 31. Januar 2012. Zeichnen kann man die Anleihe zu den folgenden Stückelungen:
- global verbriefte Form für Einbuchung in Wertpapierdepot (Mindestanlage 100 Euro und Gesamtbetrag muss durch 100 teilbar sein)
- Schmuckurkunden zu 100, 500 oder 1910 Euro (1910 war das Gründungsjahr des Vereins), hierbei muss man sechs Euro pro Urkunde zusätzlich für den jeweiligen Rahmen bezahlen
Gekauft werden können die Anleihen online unter der Adresse:
www.fcstpauli-anleihe.com
und per Post oder Fax. Für die beiden letztgenannten Möglichkeiten muss man einen Wertpapierkaufantrag ausfüllen und an den Verein senden. Die entsprechenden Formulare findet man ebenfalls auf der oben genannten Webseite.
Risiken der St. Pauli Anleihe
Als Risiko muss man als Anleger immer auch die Möglichkeit einer Insolvenz des Vereins in Betracht ziehen. In diesem Fall wäre das Geld der Anleihe sehr wahrscheinlich in vollem Umfang verloren. Der finanzielle Erfolg ist bei einem Verein in der Bundesliga, egal ob in der ersten oder zweiten Liga, aber immer eng mit dem sportlichen Abschneiden verbunden. Denn die Vereine finanzieren sich beispielsweise über TV-Gelder, die nur in der ersten oder zweiten Bundesliga in relevantem Umfang bezahlt werden.
Wie schnell die finanzielle Situation existenziell bedrohlich werden kann, kann man beispielsweise an Arminia Bielefeld ablesen. Der Verein konnte im Frühjahr des Jahres eine Insolvenz unter anderem nur noch dadurch abwenden, dass er als erster Bundesligaverein überhaupt eine Geldspritze in Höhe eines zinsgünstigen 1,2 Millionen Euro Darlehens aus dem Sicherungsfonds des Ligaverbandes erhielt.
Auch wenn die finanzielle Lage des FC St. Pauli natürlich nicht mit dem Schuldenberg eines Vereins wie Arminia Bielefeld verglichen werden kann. Die enge Verflechtung von sportlichem und wirtschaftlichem Erfolg ist immer ein Risiko. Zudem sind fast sieben Jahre ein Anlagehorizont, in dem in sportlicher Hinsicht viel passieren kann. Hierbei sollte man sich ganz einfach nur noch einmal an das Jahr 2003 erinnern, als der FC St. Pauli nur durch große Spendenaktionen vor dem Zwangsabstieg in die Oberliga gerettet werden konnte.
Ein anderes Problem der Anleihe ist, dass man als Anleger nur schwer die Möglichkeit hat, das Produkt wieder zu verkaufen. Ein Börsenhandel, wie beispielsweise bei Staats- oder Unternehmensanleihen ist nicht möglich. Stattdessen müsste man selbstständig einen potentiellen Abnehmer für die Anleihe finden.
Verzinsung schlägt Festgeld bei etwas längerer Laufzeit
Für den Verein ist die Anleihe auf jeden Fall ein gutes Geschäft. Würde man sich die sechs Millionen Euro bei den Banken leihen, müsste man mit Sicherheit höhere Zinsen entrichten. Für Anleger bietet die Anleihe mit sechs Prozent eine Zinshöhe, die man derzeit als durchaus reizvoll betrachten kann. Vergleicht man die Anleihe beispielsweise mit
Festgeldkonten
, die einen Zeitraum von fünf Jahren besitzen, erkennt man, dass die St. Pauli Anleihe hier punkten kann. Denn aktuell würde man hier bei den besten Angeboten nur 4,5 Prozent einstreichen. Allerdings fallen das Risiko und auch der Anlagezeitraum um fast zwei Jahre geringer aus.
Fazit
Das Urteil fällt zwiegespalten aus. Zwar sind bisher aufgelegte Anleihen von Fußballclubs immer wieder zurückgezahlt worden, doch mitunter nur, wenn der Verein hierfür Hilfe von dritter Seite erhielt. So musste beispielsweise die Stadt Aachen den heimischen Verein Alemannia schon einmal vor der Insolvenz bewahren und dadurch auch die Rückzahlung der Anleihen gewährleisten. Auch Arminia Bielefeld als Anleihenherausgeber konnte sich mehrmals nur mit Mühe vor einer Pleite retten. So gesehen sind die Anleihen eben doch mit einem hohen Risiko behaftet. Eine Anlage sollte immer nur als Beimischung für das eigene Depot in Betracht gezogen werden.
Daten zur FC St. Pauli Anleihe
WKN: A1MA21
Emittentin: Millerntorstadion Betriebs-GmbH & Co. KG
Stückelung: 100 Euro, 500 Euro, 1910 Euro
Verzinsung: 6 %
Mindestanlage: 100 Euro
Zinstermine: nachträglich am 1. Juli eines jeden Jahres
Volumen: bis 6 Millionen Euro
Laufzeit: 1. November 2011 bis 30. Juni 2018